Die Station Milchgasse des Pflegezentrums Golatti in der Aarauer Altstadt musste komplett saniert werden. Die drei denkmalgeschützten Häuser haben eine beachtliche Vergangenheit. Bereits im 13. Jahrhundert war dort ein Augustinerkloster. Die Nutzung des Gebäudekomplexes veränderte sich laufend: Lateinschule, Armenasyl, Seidenbandfabrik, Fabrikantenwohnsitz und seit 1852 als städtisches Altersheim. Wie kann das Gebäude die Zukunft gerüstet und für weitere 15 -20 Jahre als Pflegeheim genutzt werden?
Denkmalschutz kontra Wärmeschutz
Grolimund + Partner entwickelten mit der Architekten Gemeinschaft 4 AG und den Haustechnikplanern ein zukunftsfähiges Energiekonzept ohne vollflächige Dämmung der alten Mauern und ohne mechanische Lüftungsanlage. Da die Häuser Bestandteil der Aarauer Stadtmauern sind, steht deren äusseres Erscheinungsbild unter Schutz. Eine Wärmedämmung von aussen war ausgeschlossen. Eine Innendämmung war wegen des Raumverlustes unerwünscht und auch bauphysikalisch der falsche Lösungsansatz. Aus Gründen des Ortsbildschutzes konnten auch die Dachflächen nicht für die Energieproduktion genutzt werden.
Thermische Schwachpunkte eliminieren
Schliesslich wurden im Innern nur die tiefen Fensterleibungen und die Radiatornischen gedämmt. Zusammen mit den neuen Fenstern wurden damit die grössten Schwachpunkte der Gebäudehülle eliminiert. Gleichzeitig konnten die dicken Mauern als Speichermasse erhalten bleiben. Die Dächer der drei Häuser wurden mit U-Werten von 0.12 – 0.18 W/m2K sehr gut gedämmt. Das führt neben einer grossen Einsparung beim Heizwärmebedarf auch zu deutlich kühleren Innentemperaturen im Sommer. Mit dem Anschluss ans städtische Fernwärmenetz verfügt das Pflegeheim bald über eine weitgehend erneuerbare und klimaneutrale Wärmeerzeugung.
Frischluft mit Low-Tech
Eine Lüftungsanlage hätte bei den drei verbundenen Häusern des Pflegeheims nur mit grossem Aufwand und schmerzhaften Zugeständnissen beim Platzbedarf umgesetzt werden können. Am Schluss wurde ein technisch einfacher Ansatz gewählt: Die individuelle Fensterlüftung bleibt möglich. Durch die Abluftventilatoren in den Bädern und die Nachströmung im Fensterfalz bleibt die Raumlufthygiene gewährleistet. Bei der Materialisierung wurde im Innenausbau auf natürliche und dampfdiffusionsoffene Oberflächen geachtet: Der Lehmputz reguliert die Feuchte in den Räumen und absorbiert Gerüche.
Schallschutz und Raumakustik
Für die bestehenden Holzbalkendecken haben Grolimund + Partner mit den Architekten und Fachplanern akustisch tragbare Lösungen ausgearbeitet. Kompromisse waren teilweise notwendig. So konnte eine historische Decke mit in Grisaille-Technik bemalten Bodendielen aus dem 17. Jahrhundert erhalten werden.
Trotz der geringen Raumhöhen konnte die Raumakustik gelöst werden. Im Aufenthaltsraum sorgt eine Baswaphon-Decke (fugenlose Akustikdecke mit Weissputzoptik) optisch und akustisch für Ruhe. Bei den Büroräumen konnte mit Nachhallzeitmessungen im ausgestatteten und belegten Büro eine befriedigende Akustik nachgewiesen werden – ein pragmatisches und zweckmässiges Vorgehen.
Fazit
Bei der Sanierung des Pflegeheims Golatti in Aarau heisst es eher «das Bestmögliche ist gut genug» anstelle von «Nur das Beste ist gut genug». Die dezent farbigen hellen Räume wirken einladend. Die renovierten Gebäude wirken gepflegt und sind doch zurückhaltend in die bestehende Altstadt integriert. Ein exemplarisches Beispiel für gezielte Eingriffe in den Bestand und eine großartige Zusammenarbeit aller Beteiligten.