Um was geht es in der Studie?
Die Studie vergleicht die Umweltauswirkungen und Lebenszykluskosten verschiedener lärmarmer Strassenbeläge (LAB) mit denen eines gewöhnlichen Strassenbelags. Dabei wurde nicht nur, wie bisher meist, Bau, Unterhalt und Rückbau der Strasse betrachtet, sondern zudem auch die Nutzungsphase, also die Befahrung mit PW und LKW und die damit verbundenen Umwelt- und Kostenfolgen. So konnten auch Unterschiede in Strassenlärmemissionen, Reifenabrieb und Energieverbrauch in Abhängigkeit des Strassenbelags in die Untersuchung miteinbezogen werden.
Welche Methodik haben wir angewendet?
In unserer Ökobilanz nach ISO 14040 und der Lebenszykluskostenanalyse verglichen wir vier Szenarien miteinander und für die zukünftige Entwicklung und Optimierung untersuchten wir fünf weitere Sensitivitätsanalysen. Dabei haben wir für eine typische Hauptstrasse im Innerortsbereich (mittlere Bewohnungsdichte, Tempo 50 km/h, 8000 Fahrzeuge pro Tag) vier verschiedene Strassenbeläge untersucht - diese unterscheiden sich primär besonders durch ihre Lebensdauer und erreichte Lärmminderung:
- Referenz: ein konventioneller Strassenbelag mit Lebensdauer 20 Jahre (ACMR 8)
- LAB 1: ein semi-dichter, sehr lärmarmer Strassenbelag mit Lebensdauer 10 Jahre (SDA 4)
- LAB 2: ein semi-dichter, lärmarmer Strassenbelag mit Lebensdauer 15 Jahre (SDA 8)
- LAB 3: ein akustisch optimierter Asphaltbeton mit Lebensdauer 20 Jahre (AC 8 H LA)
Die Bau- und Unterhaltsprozesse haben wir auf Basis der LCA-Datenbank des Bundesamtes für Umwelt (UVEK:2023) und von Expertenwissen aus Interviews modelliert. Die Nutzungsprozesse konnten wir dank unseren Datenbanken zur Lärmminderung und zum Rollwiderstand abbilden. Damit die Resultate unabhängig von der Lebensdauer der Beläge vergleichbar sind, haben wir die Analysen «pro km Strasse und Jahr» berechnet.
Die Ergebnisse haben wir in den Wirkungskategorien Umweltbelastungspunkte (UBP), Treibhausgas-Emissionen (CO2 Äquivalente), nicht erneuerbarer Primärenergiebedarf (MJ) und Kosten in Schweizer Franken berechnet. Bei den Kosten wurden neben den direkten Kosten, also z.B. Baukosten oder Kosten für Treibstoff, zudem auch die externen Kosten berücksichtigt. Externe Kosten werden nicht vom Verursacher selbst getragen, sondern indirekt z.B. durch Anwohner, Hauseigentümer oder die Gesellschaft in Form von Gesundheitskosten, Mietzinsverlusten oder Klimaschäden. Auswirkungen der Strassenlärmemissionen konnten damit sowohl in den Kosten als auch in den Umweltbelastungspunkten abgebildet und berücksichtigt werden.
Was sind die wichtigsten Erkenntnisse?
- Gesamtökologisch betrachtet, überwiegen die Vorteile lärmarmer Strassenbeläge aus der Nutzungsphase und überkompensieren Nachteile aufgrund ihrer kürzeren Lebensdauer. Damit sinkt die totale Umweltbelastung um ca. 4 % bei Verwendung von SDA 4 im Vergleich zum Referenzbelag ACMR 8. Dies sind pro Kilometer und Jahr über 50 Millionen UBP, was ca. 135'000 eingesparten Personenwagenkilometern entspricht.
- Auch bezüglich der Lebenszykluskosten erwies sich der LAB vorteilshaft gegenüber dem konventionellen Referenzbelag ACMR 8: werden sowohl direkte als auch externe Kosten über den ganzen Lebenszyklus berücksichtig, lassen sich bei Verwendung eines SDA 4 Belags über 6 % der Kosten einsparen, was rund 66'000 Franken pro Jahr und Kilometer entspricht. Dabei findet eine Kostenverschiebung statt: LAB verursachen höhere Kosten für die Bauträger, reduzieren jedoch die Kosten und Folgekosten für Nutzer und Anwohner, respektive die Gesellschaft als Ganzes.
- Die SDA-Beläge sind dabei nicht nur vorteilshaft dank den reduzierten Strassenlärmemissionen, sondern zusätzlich vermindern sie den Treibstoff- bzw. Energieverbrauch der Strassennutzenden: der Rollwiderstand von SDA 4 Belägen ist um über 10 % kleiner als der von ACMR 8 Belägen. Damit wird 3 % weniger Energie über die gesamte Nutzung der Strasse hinweg verbraucht, mit entsprechenden positiven Folgen in allen vier Wirkungskategorien.
- In den Wirkungskategorien Treibhausgas-Emissionen und nicht erneuerbarer Primärenergiebedarf kann der Nutzen der Lärmminderung von LABs nicht berücksichtig werden, hier sind die Unterschiede zwischen den Szenarien kleiner, zeigen jedoch Grossteils in dieselbe, für SDA-Beläge vorteilshafte Richtung. Generell hat das Szenario «LAB 2» (SDA 8) mit SDA 4 vergleichbare Ergebnisse. Diese sind jedoch deutlich schwächer ausgeprägt. «LAB 3» (AC 8 H LA) zeigt meist mit dem Referenzszenario vergleichbare Ergebnisse.
- Die fünf Sensitivitätsanalyen bestätigen die robuste Aussagekraft und Richtungssicherheit der Ergebnisse. Besonders interessant ist dabei das Potential der Optimierung von Strassenbelägen hinsichtlich einem reduzierten Rollwiderstand. Mit den bereits heute bestehenden, besten Belägen lassen sich Kosten und Umweltbelastungspunkte sogar um total 8 bzw. 6 % reduzieren. Darüber hinaus zeigt ein Zukunftsszenario mit einem hohen Anteil an elektrisch betriebenen PW, dass die Ergebnisse auch künftig gültig sind und Lärmschutz mit LAB weiterhin sinnvoll, nützlich und nachhaltig bleiben wird.
Der Nutzen dieser Studie?
Die Ergebnisse dieser Studie sind von unmittelbarer Relevanz für Lärmschutzbehörden, Strassenbauplaner und Akustiker, da sie eine ganzheitliche Bewertung der ökologischen und finanziellen Auswirkungen bieten. Diese Erkenntnisse stellen eine solide Grundlage für die Bewertung von Strassenbauprojekten und Lärmschutzstrategien dar. Damit leistet diese Studie einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer umweltfreundlichen und kostenoptimierten Strasseninfrastruktur in der Schweiz und bietet wertvolle Erkenntnisse auch für andere Länder, die lärmarme Strassenbeläge in städtischen Gebieten einsetzen möchten.
Wie sieht der weitere Handlungsbedarf aus?
Angesichts der kürzlichen Annahme des revidierten CO2-Gesetzes durch das Schweizer Parlament für die Jahre 2025 bis 2030, welches darauf abzielt, die CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber 1990 zu halbieren, ist es an der Zeit, schnell mit Umsetzungsprojekten zur CO2-Einsparung zu beginnen.
Unsere Studie zeigt deutlich, dass der Tiefbau einen wesentlichen Beitrag zu diesen Zielen leisten kann und muss. Ein strategischer Handlungsbedarf besteht, Strasseninfrastrukturprojekte möglichst ganzheitlich zu bewerten, um deren Nachhaltigkeit zu verbessern. Neben dem hier gezeigten Netto-Nutzen von Lärmschutz mit LAB zeigt sich besonders das grosse, noch kaum genutzte Potential von Strassenbelägen mit verbesserten Rollwiderstandseigenschaften.
Danksagung
Die Studie wurde gemeinsam mit unseren Partnern der ArGe LCA-Strasse durchgeführt:
- E2 – Sustainability in Business: Arthur Braunschweig
- HK Partners – Global Sustainability Expertise: Rolf Huwyler
Wir danken unserer Auftragsgeberin, dem Bundesamt für Umwelt BAFU sowie den zusätzlichen Finanzierungspartnern Kanton Aargau, Kanton Zürich und Kanton St. Gallen.
Ebenso danken wir allen Expertinnen und Experten, welche mit Ihrer Mitarbeit in der Begleitkommission und als Interviewpartner Ihr wertvolles Wissen für diese Studie geteilt haben.